Camino de Portugues, Teil 1 nach Labruge

Camino de Portugues, Teil 1 nach Labruge

Es ist 19:52 Uhr Ortszeit und ich liege in der Pilgerherberge in Labruge im Bett 51 und bin ... glücklich. Mag sein, dass die 3 portugiesischen Biere, das Brett mit Schinken, Käse, Oliven und Brot und als Nachtisch der Chicken Stew (mit Innereien, aber mega lecker) einfach als krönender Abschluss für die Anstrengungen des Tages herhalten mussten, aber es ist wie es ist, ein Tag voller körperlicher Anstrengung wird meist mit den einfachsten kulinarischen Meisterwerken zu einem Highlight.

Doch von Anfang an. Nachdem ich mich aus meinem Hostel-Zimmer um 8 Uhr davongeschlichen habe (die jugendlichen Zimmergenossen im Alter meines Sohnes schliefen noch tief und fest), machte ich mich auf den Weg zur Kathedrale, um vorher eines der gefühlt hunderten Kaffees zu besuchen, um zu frühstücken. Es war so lecker, herzhafte Quiche und süße Pastel de Nata mit einem schwarzen Americano. Und das für gerade 5 Euro, ich fühlte mich bereits zu diesem Zeitpunkt wie ein Glückspilz.

In der Kathedrale wurde heute das erste Mal mein Pilgerpass gestempelt, danach ging es endlich los. Immer am Flussufer bis zum Atlantik am Wasser entlang, traumhaft. Ich denke, die Bilder sprechen für sich.

Was mir auffiel, waren die Unmengen an joggenden Menschen, die mir heute - besonders in Porto - entgegenkamen. So kann ich diese Strecke besonders den weiblichen Pilgerinnen ans Herz legen, da diese permanent in den Hochgenuss männlicher, gestählter und mit Schweiß bedeckter Oberkörper kommen, da die Portugiesen offensichtlich gern ihre durchtrainierten Körper für jeden zur Schau stellen. Zu meinem Leidwesen präsentierten sich die weiblichen Läuferinnern immer bedeckt, ich konnte diesen Nachteil aber leicht ob der restlichen Eindrücke verschmerzen.

Die Portugiesen sind ein doch sehr sportliches Volk, an jeder denkbaren Stelle begegneten mir heute auf dem Weg frei verfügbare, öffentliche Fitnessgeräte, die auch oftmals rege genutzt wurden. Auch an den Stränden wurden so viele unterschiedliche Sportarten ausgeübt, dass man den Eindruck bekommen konnte, die Portugiesen hätten keine Handys, weshalb sie sich so beschäftigen. Surfer, Beach-Tennis, Kraftsport, Fahrradfahrer, Läufer und - und das hat mich wirklich beeindruckt - Fußball im Sand. Also richtig Turnier-mäßig mit Publikum, Musik und Sprecher. Ich dachte so in dem Moment bei mir - wenn so in Deutschland der Fußball-Nachwuchs trainieren würde, oh Dynamo Dresden würde vermutlich in der ersten Liga spielen.

Neben einer tollen Parade, die ich entlang meines Weges miterleben durfte, begeisterte mich das Angebot an Trinkwasserstellen und Toiletten - kostenfrei natürlich - etwas, was uns in der Heimat leider abhandengekommen ist. Ich habe heute so sicher um die 4 Liter Wasser getrunken.

Überhaupt sind die Preise in Portugal im Vergleich zu Deutschland deutlich niedriger, ich bezahlte heute auf einem Markt für ein Serrano-Sandwich und eine Chorizo-Wurst gerade einmal 4 Euro, wobei ich glaube, dass ich die Wurst einfach so bekam. Die Menschen sind hier so unheimlich freundlich, dass es einem wirklich nahe geht.

Das Baden im Atlantik war ein weiteres Highlight des heutigen Tages, das Wasser war bei Weitem nicht so kalt, wie oft prognostiziert - einfach erfrischend und salzig.

In der Herberge konnte ich endlich duschen und meine Wäsche waschen, was für eine Wohltat. Nach der Stärkung eben, sind die Strapazen fast schon vergessen und ich freue mich auf meine morgige Etappe bis Apúlia, schlappe 27 Kilometer - aber die Übernachtung habe ich schon gebucht.

Streckendetails

Reine Laufstrecke von der Kathedrale bis Labruge waren heute 28 Kilometer, der Küstenweg ist aber etwas länger als der normale Camino. Meine Uhr meldet aktuell 42.400 Schritte bei 34 Kilometern, meine Beine bestätigen diese Werte in etwa.

Camino de Portugues, Teil 1 | Wanderung | Komoot
Bent Schrader hat ein Outdoor-Abenteuer mit komoot gemacht! Distanz: 28,0 km | Dauer: 06:11 Std

Erkenntnisse des Tages

Wer junge männliche und durchtrainierte Oberkörper für werbestiftende Maßnahmen benötigt, sollte einen Abstecher nach Porto in den Sommermonaten in Betracht ziehen. Den Körperkult, der von manch einem hier betrieben wird, regt teilweise zum Schmunzeln an, bei einigen Kandidaten vermutete ich bisweilen, dass sich diese bei Ankunft in den eigenen 4 Wänden selbst mit Blumen beglückwünschen würden.

Mein Englisch scheint nicht das Schlechteste zu sein und ich komme überaus gut damit zurecht. Natürlich kommt das Portugiesisch meines Wanderführers zum Einsatz.

Blasenpflaster von Compeed halten, was sie versprechen, und sind jeden Cent wert - ich habe keine einzige Blase.

Bom Caminho schallt es gefühlt an jeder Ecke, gleich ob von anderen Wanderern oder Einheimischen, ein durchaus erhebendes Gefühl, das Glückseligkeit verbreitet.