Camino de Portuges, Teil 11 nach Ameneiro
In einer der wirklich besten Herbergen, wenn man den Luxusfaktor einmal in den Vordergrund rücken mag, übernachte ich heute, in der letzten Unterkunft vor Santiago de Compostella. Und auch der heutige, vorletzte Tag meiner Reise, meines Caminos, der unabdingbar seinem Ende kurz bevorsteht, war erneut einer vollen Schönheit, großartigen Erlebnissen und irren Momenten.
Mein Tag startete kurz nach 7 Uhr und um 8 Uhr waren Lukas und ich bereits auf dem Weg. Standesgemäß und der Witterung angepasst, liefen wir, zunächst im Regenponcho, auf unserer vorletzten Etappe, dem ersten Cafe entgegen. Bei einem Americano und einem Croissant stellten wir zufrieden fest, dass durch die gestrige Buchung der heutigen Herberge, kein Zeitdruck entstehen würde und wir so in einem ruhigen Tempo den Weg in vollen Zügen genießen könnten.
Ich entschied heute, im Gegensatz zum gestrigen Tag, Lukas zu begleiten, der trotz einer weiteren Ibuprofen, nur unter Schmerzen und langsamer als gewohnt vorankam. Doch die vielen, wirklich interessanten und aufschlussreichen Gespräche und einfach das gemeinsame Beschreiten und dem Teilen von Freude und Genuss, standen für mich im Vordergrund und ich bereue meine Entscheidung nicht.
Leider fehlen mir inzwischen die Worte, um die Magie und Schönheit, die Energie und den Zauber der Eindrücke des Weges sinnstiftend und unverfälscht wiederzugeben, ich werde daher wieder Bilder sprechen lassen, wenngleich auch diese nur ansatzweise einen Eindruck vermitteln können.



Nach unserem zweiten Frühstück in Padrón, welches wiederum aus einem Americano und süßen spanischen Backkunstwerken bestand, aßen wir ein paar köstliche Trauben, die völlig wild an Bäumen am Wegesrand wuchsen und zunächst zuckersüß und voller Aroma, leicht vergoren und schlussendlich quietschsauer schmeckten. Absolut köstlich.
Inzwischen hatte sich die Sonne wieder zu unserer Begleitung am blauer werdenden Himmel gesellt und unsere Laune, die trotz des Regens nach wie vor ungebrochen war, gipfelte mit jedem Kilometerstein, welchen wir passierten. Denn diese zeigten heute Werte, die wir mühelos auch am heutigen Tage hätten bewältigen können, doch wir waren uns erneut einig, der Weg ist das Ziel.




Und so trafen wir, nach einem durchaus leckeren und preiswerten, wenn auch nicht mit denen der vergangenen Tage vergleichbaren, Pilger-Menü, auf Anouk aus Würzburg, der ich das letzte Mal vor mindestens 5 Tagen begegnet war. Ich freute mich sehr, denn so kann ich, schon für meine liebe Nichte, ein Bild von Anouk nachreichen. Während wir zu dritt weiterliefen und wiederum so freie, schöne und herzliche Gespräche führten - bei denen ich erneut die bereits erwähnten Parallelen zu meiner Nichte erneut bestätigen kann, stellte sich heraus, dass Anouk in derselben Herberge im Voraus gebucht hatte, so wie wir. Und so sind wir drei nun hier, ca. 12 Kilometer vor dem Ziel, jeder vor dem Ende seines Caminos.

Streckendetails
Mit 25 Kilometern fiel die heutige Strecke länger als urplötzlich geplant aus, das liegt aber einfach am Lageort der heutigen Herberge. Meine Uhr vermeldet dabei insgesamt 26.3 Kilometer bei 36.500 Schritten, für den vorletzten Tag genau richtig.
Erkenntnisse des Tages
Bei unseren heutigen Gesprächen fiel mir erneut auf, dass für Lukas Ansichten vom Leben im Allgemeinen bis hin zu vielen zwischenmenschlichen und sogar globalen Themen eine vollständige Deckungsgleichheit zu meinen eigenen Blickwinkeln besteht. Ich habe einen enormen Respekt für seine zielstrebige Organisation, seine Selbstreflektion, seine strukturiere Lebensweise und seine uneigennützige Hilfsbereitschaft. Ich muss mir eingestehen, dass ich mit 27 Jahren noch weit entfernt von diesen Eigenschaften war, ich würde mir nicht einmal anmaßen zu behaupten, ich würde sie heute allesamt besitzen. Wahrscheinlich sollte er mir auf meinem Weg begegnen, damit ich noch etwas lernen kann, mindestens aber inspiriert bin.
Ich bin froh, morgen mit Lukas gemeinsam Santiago de Compostela zu erreichen. Ich schätze, er ist genau jene Person, die mir John Larson ans Herz gelegt hat.

